Motorrad: Ducati Multistrada MTS 1000 DS
Km Stand vor dem Test: 56’663
Km Stand nach dem Test: 59’410
Total gefahrene Distanz bis dato mit dem Reifen: 1’928 km (der Rest war ein Michelin Power Cup2)
Autobahn: Ca. 250 km
Landstrasse: Rest, davon viele Strässchen der 4. – 5. Kategorie, teilweise sogar 6.
Luftdruck vorne: 2,5 bar (kalt)
Luftdruck hinten: 2,6 bar (kalt)
Bericht:
Der erste Fahreindruck ist der eines leicht einlenkenden, neutralen Reifens. Der Reifen wirkt um die Mittellage nicht allzu handlich. Kaum in die Kurve geworfen, fällt die Ducati aber förmlich in die Kurve rein. Das ist je nach Fahrbahnoberfläche so ausgeprägt, dass man gegenkorrigieren muss. Dazu später mehr.
Der Reifen braucht erstaunlich wenig Zeit, um warm zu werden und guten Grip aufzubauen. Er orientiert sich da eng an den Michelin Pilot Power 3 2CT, mit dem er auch die Handlichkeit teilt.
Später auf der Autobahn zeigt der Avon, dass er trotz vollem Durchbeschleunigen mit Gepäck die Stabilität behält und keinerlei Shimmy zeigt. Überhaupt: Der Vorderreifen wird selbst auf absolut holprigen Geläuf beim vollen Gas-Aufreissen selbst aus engen Kurven heraus nie auch nur einen Ansatz von Shimmy zeigen.
Nach der längeren Autobahnfahrt geht es gleich in schnelles Geläuf. Der Vorderreifen hält das Motorrad stoisch auf Kurs. Bei schneller Kurvenfahrt zeigt der Reifen keinerlei Untersteuern. Der Vorderreifen bleibt auf Spur. Das ändert sich, wenn man tief in die Kurven bremst, noch mehr, wenn die Strasse wellig ist. Dann zeigt der Reifen leichtes Untersteuern. Das ist zwar nicht kritisch, aber spürbar. Auf der anderen Seite: Man muss schon ziemlich hurtig unterwegs sein, damit dieses Verhalten auftritt. Die Meisten werden dies nie jemals erleben.
Der Reifen wird zwar gut durchgewärmt und sein Temperatur-Niveau ist hoch, aber der Reifen ist dennoch ziemlich hart in der Mitte der Karkasse. Das resultiert in einer geringen Eigendämpfung. Dadurch fehlt das «Verzahnungs-Gefühl» beim harten Bremsen. Obwohl die Verzögerung auf sehr hohem Niveau ist, führt dieses fehlende Gefühl beim harten Anbremsen auf schlechtem Asphalt zu Unsicherheit. Zudem führt die etwas geringere Eigendämpfung dazu, dass die Lenkpräzision beim unruhiger Strasse oder welliger Anbremszone leidet. Das kann dann zusammen mit der ausgeprägten Handlichkeit nach dem Losbrechen um die Mittellage dazu führen, dass gleich nach dem Einlenken und noch vor dem Scheitelpunkt der Kurve die Linie korrigiert werden muss. Auf der Haben-Seite dafür: Dank der Handlichkeit hat man jederzeit die Möglichkeit die Linie ohne Reue zu korrigieren, egal ob eine engere oder eine weitere Linie gewählt werden muss. Das erlaubt selbst beim harten Herausbeschleunigen, bei dem die meisten Vorderräder durch das Ausfedern der Gabel gerne weiter in Richtung Strassenrand gehen, einfachst die Linie korrigiert und die Beschleunigung Millimeter-genau ohne Reue ausgekostet werden kann. Hier offenbart der AVON 3D Ultra EVO seine absolute Sonnenseite.
Jetzt wurde viel über den Vorderreifen gesprochen. Nun einige Worte zum Hinterreifen. Der Grip ist auf wirklich sehr hohem Level. Sonst verhält sich er Hinterreifen unauffällig, und das ist für einen Hinterreifen keine schlechte Eigenschaft.
2 Sachen fallen auf:
Der Hinterreifen reagiert sensibel auf Bitumen-Streifen. Darauf versetzt er deutlich spürbar, worauf er aber sofort wieder Grip aufbaut.
Der Hinterreifen neigt bei tiefer Schräglage und je nach Asphaltbeschaffenheit dazu, beim Beschleunigen zwar kontrolliert und gut anzeigend, aber dennoch, wegzurutschen. Hält man dabei das Gas konstant, korrigiert der Reifen von selbst. Auch hier gilt: Das passiert nur bei relativ hohen Landstrassentempi und Schräglagen und bei rutschigem Asphalt, aber ich halte es dennoch für erwähnenswert.
Der Hinterreifen trägt nach über 1’000km leichte «Treppen» an der Flanke, aber die halten sich in engen Grenzen und sind während der Fahrt nicht spürbar. Allerdings verstärken die sich bis zum Testende.
Die Nasshaftung ist nicht auf dem Niveau des Pilot Power 3 von Michelin, aber sie ist überdurchschnittlich hoch.
Allerdings: Auch hier macht sich die fehlende Eigendämpfung negativ bemerkbar und zwar in der Form von fehlender Rückmeldung.
Mit welchen anderen Reifen lässt sich der AVON 3D Ultra EVO vergleichen?
Alles in allem ist er nach aktuellem Stand zwischen dem Bridgestone S22 und dem Michelin Power RS, wobei er näher am S22 ist.
Für die zweiten 1’000km fuhr ich mit etwas reduzierten Reifendruck (vorne 2,4, hinten 2,5 bar), um die etwas mehr Wärme in den Reifen zu kriegen.
Idee: Über mehr Wärme ein geschmeidigeres Fahrverhalten und eine höhere Eigendämpfung zu erhalten.
Das Resultat: In der Tat wird die Eigendämpfung deutlich besser.
Negativ: die beiden Reifen zeigen deutlich „Treppenbildung“ an den Flanken. Darunter leidet die Lenkpräzisioin und später dann auch der Grip etwas.
Hinzu kommt: Auch der Nassgrip scheint darunter zu leiden und lässt nach.
Nach 2’150km hatte der Reifen hinten noch 1,559mm Resttiefe und musste darum runter.
Der Reifen kriegt von mir 7 von 10 Sternen.
Beste Grüsse
Sam