Erfahrungsbericht KTM LC4 Adventure 03 in Australien

Im Jahr 2004, endlich ist es soweit. Ich wandere nach Australien aus und deshalb muss ich mir etwas gönnen. So beschließe, mir per Internet ein paar Angebote für eine Kati einzuholen. Gebrauchte habe ich nicht gefunden, so muss es dann wohl eine Neue sein. KTM ist groß im Kommen in Australien, aber hauptsächlich als Moto X und nicht so sehr im Adventure Market, obwohl sich das nun ändert.
Ein Händler macht sich die Mühe meine Mail zu beantworten, dafür macht er dann das Geschäft. Als ich sie abhole, bekomme ich ein flaues Gefühl im Magen. Ein neues Mopped für 13000A$ und damit ins Outback, hoffentlich kommt nichts dran.
Auf der 60 KM Fahrt zum Guesthouse in Melbourne nach 17 KM das erste Problem. Die Kunststoffhalterung fürs GPS hält die Vibrationen nicht aus. Ich fange es mit links während der Fahrt. Als ich ankomme, das nächste Problem. Der Motor verliert Öl und das in Mengen. Hinten vom Motorblock tropft es direkt aufs Hinterrad. Also bin ich am nächsten Tag wieder beim Händler. Eine Bohrung am Motorblock, die eigentlich für nichts gebraucht wird, leckt wie verrückt. Die Mechaniker kommen so nicht dran um es zu reparieren, also wird der Motor ausgebaut und ein paar Stunden später, bin ich wieder unterwegs. Eine Werkzeugkiste aus dem K-Mart wird als Topcase angebracht, Minizelt festgezurrt und los geht es für 5 Wochen Richtung egal, Hauptsache Schotter.
Ohne GPS, wenn man ehrlich ist braucht man es sowieso nicht, fahre ich gen Norden. Als mögliches Ziel und Umkehrpunkt habe ich Ayers Rock ins Auge gefasst. Im Sommer aber ist es hier ziemlich mollig, das wissen auch die Australier und so ist der Verkehr im Outback eher gering. Per Zufall treffe, besser gesagt überhole ich einen Japaner. Der hat sich eine alte 250er Suzuki gekauft und gurkt damit durch Australien, ohne ein Wort englisch zu können. Ich bin schon beladen, aber er hat alles dabei was man braucht, oder auch nicht. Am Lagerfeuer in den Flinders Ranges profitiere ich aber davon, denn er hat auch Dosen Bier dabei. Leider hat er keinen Kühlschrank aber man ist ja nicht wählerisch. Am nächsten Tag trennen wir uns wieder. Es ist über 40Grad im Schatten. Mir wird warm und ich beschließe wieder gen Süden zu fahren, vielleicht ist es da kühler. Allein auf Outbackpisten bei den Temperaturen, kein Mensch unterwegs, das kann auch ins Auge gehen. Schließlich komme ich wieder gesund in Melbourne an. Die Great Ocean Road war eine Wucht. Die Kati ist nicht nur fürs grobe, sondern auf verwinkelten Landstraßen klasse, besonders wenn der Straßenbelag relativ schlecht ist.
Meine ersten Erfahrungen habe ich nun gemacht und mich an die Vibrationen gewöhnt. Auf langen Strecken, lege ich alle 100 KM eine Verschnaufpause ein aber trotzdem tut mir Abends der hintere Teil weh. Man kann eben nicht alles haben. Komfort und Performance schließen sich aus. Währen meiner 2 Jahre in Melbourne, erkunde ich Victoria noch ziemlich genau. 30 Km habe ich bis zu meiner Hausstrecke, den Lederderg. So kann ich nach der Arbeit immer noch mal schnell eine Runde drehen. Mein Hausnachbar ist auch Deutscher, er organisiert Touren per Mopped durch Australien und gibt Sicherheitstrainings in Deutschland. Die Touren sind sehr zu empfehlen. Er kennt nicht nur Australien wie seine Westentasche, er kocht auch gut und kann klasse Anekdoten erzählen. Ich begleite kurz eine Tour von ihm und sehe, dass Moppedfahren nicht ungefährlich ist. Auf meiner Hausstrecke kommt jemand zu Fall, zum Glück nichts Schlimmes.
Mein Tipp: In Deutschland vorbereiten und sein Endurotraining besuchen. In Australien sich erst an die Verhältnisse gewöhnen. Nicht jeder kann gleich die Australian Safari gewinnen. Wenn in der Gruppe schnellere Fahrer sind, die vielleicht schon mal hier waren oder anderswo Schottererfahrung gesammelt haben, nicht versuchen deren durchdrehendem Hinterrad zu folgen. Immer davon ausgehen, dass hinter der nächsten Kurve schon ein 4WD angerast kommt.
Ich selbst habe diese Tipps auch teilweise befolgt und bin während meiner 3 Jahre hier verletzungsfrei geblieben und hatte ich noch etliche Möglichkeiten das Outback zu erkunden. Die Kati hat sich dabei voll bewährt. Trotz einer Menge Gepäck, hat die Federung nie eine Schwäche gezeigt. Weder auf den schnellen Wellblechpisten, noch wenn ich mal ein ausgetrocknetes Flussbett übersehen und viel zu schnell durchgefahren bin. Auf Schotter ist sie klasse, aber die BMW GS ist auch nicht schlecht. Die Stunde der Wahrheit kommt im Sand. Ich habe etliche der großen Beemer getroffen. Man kommt sich auf der Piste entgegen, hält an und macht Smalltalk wie es in der jeweilig anderen Richtung weitergeht. Wenn ich dann erklärte, 10KM weiter und es kommt ein extrem sandiges Stück, wollten manche die kleine Kati gegen die fette Beemer eintauschen. Verzweifelung war in Augen zu sehen. 25000A$ für das beste Gerät bezahlt und dann kommt der Sand.
Jetzt nach 3 Jahren und 27000KM weiter, muss ich mich von der Kati trennen, da wir nach Deutschland zurückgehen. Größere Probleme mit dem Mopped hatte ich nicht. Lecken tut sie aber ständig irgendwo. Schauglas und Ventildeckeldichtung sind sehr beliebt. Der Motor ist kernig und kann bei Bedarf auch mit schlechterem Benzin auskommen. Eine Kabel-Verbindung an der CDI muss dafür aufgetrennt werden. Ich musste es einmal machen in Innamincka. Die Leistung nimmt etwas ab, Spritverbrauch kann ich nicht beurteilen, da ich im Sand unterwegs war. Das Fahrwerk ist spitze und die Verarbeitung gut. Gerade für Langstrecken mit bis zu 600 KM Reichweite ist es ein tolles Motorrad. Die Verkleidung ist für große Fahrer zu niedrig, die Fußrasten und der Hinterradbremshebel lächerlich klein. Statt teurer After Market Teile einfach Flacheisen entsprechen biegen, anschweißen, kostet gar nichts. Die original Sahara Bereifung ist gut auf der Strasse, nicht im Gelände. Der Continental TKC 80 ist sehr gut, allerdings hält der Hinterradreifen keine große Outbacktour aus. Für lange Touren hatte ich vorne den TKC 80 und hinten einen Pirelli MT 90. Der ist zwar straßenorientiert, hält aber lange und ist billig. Ob das Hinterrad mit einem TKC etwas weniger durchdreht als mit dem Pirelli, spielt für mich keine Rolle.
Fazit: Wer wirklich größere Off-Road Touren fahren möchte, ist mit der kleinen Kati sehr gut bedient. Performance ohne Ende und von mir als eher durchschnittlichem Fahrer niemals voll ausgelotet. Komfort gibt es dafür keinen. Wer den möchte und sich als Abenteuerfahrer darstellen will, dem empfehle ich eine große BMW. Das ist sicherlich ein tolles Motorrad für einen der es kann, aber 90 % der Fahrer hier kaufen sich das Bike inkl. der original BMW Klamotten und machen sich dann in die Hose, wenn es abseits des Asphalts weitergeht.
Die große Kati wird jetzt in Australien auch immer beliebter. Sie ist aber deutlich teurer als die LC4 und ich glaube, dass es nur wenige gibt, die dieses Motorrad wirklich beherrschen und mit einer LC4 unterfordert wären.

Sicherlich eine gute Wahl, die LC4 Adventure, hätte mich in diesem Fall auch so entschieden, der ölende Motor ist meines Wissens jedoch nicht KTM typisch.
In der letzten Motorrad war ein „Wüstenbericht“, Kolbenringbruch AUS,
ohne Begleiter wäre es das wohl gewesen.
Solche Extremtouren sollte man besser nicht alleine fahren.
Ferner sollte man nie mit einer frisch aus der Werkstatt kommenden Maschine (oder Neuen) direkt auf Tour gehen, immer erst 500 km fahren ob auch alles okay ist !

Gruß aus Hessen
Tom

Du hast vollkommen recht.
Ich bin auch erst nach der 1. Inspektion, also 1000KM, ins Outback aufgebrochen.
Als unerfahrener Biker sollte man nicht ins Outback fahren. Ich habe schon etliche Touren per Auto/Motorrad nach Algerien, Libyen, Mauretanien usw. unternommen, kenne mich also ein wenig aus.
Hat man keine Erfahrung, sollte man unbedingt nur an geführten Touren teilnehmen. Hier gibt es Grundregeln, z.B. Funkkanäle mit Repeaterstationen, rote Flagge bei Dünenquerungen usw. die man kennen sollte.
Es sind schon Deutsche mit gemietetem 4WD umgekommen, weil sie nicht wußten, daß man die vorderen Hubs erst sperren muss, um tatsächlich einen 4WD zu haben.
Ich fahre prinzipiell alleine, dann kann ich anhalten wann und wo ich will und gebe meine eigene Pace vor. Es ist aber normalerweise einfach, für schwierigere Etappen ein Begleitfahrzeug zu finden und sich danach wieder zu trennen. So habe ich bei meiner letzten Tour teilweise eine Beemer (alte 800er GS) begleitet. Bin dabei vorgefahren und habe alle 1/2 Stunde gewartet ob alles okay ist.


Gruss.

Oliver